Wie gefährlich ist Leishmaniose?

Wie gefährlich ist Leishmaniose?

Immer mehr Hundebesitzer haben schon einmal von „Leishmaniose“ gehört. Einige haben sogar einen Hund, der „Leishmaniose-positiv“ ist. Und manche fragen sich, ob sie es riskieren sollen, einen Hund mit dieser Infektion bei sich aufzunehmen. Welche Chancen hat ein infizierter Hund? Könnte sich ein gesunder Hund bei einem infizierten Artgenossen anstecken? Oder könnte ein Leishmaniose-positiver Hund die Erreger auf Menschen übertragen? Hundehilfe Mariechen hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengetragen.

  • Wie wird die Leishmaniose übertragen?

Der häufigste Übertragungsweg vollzieht sich über den Stich einer Sandmücke. Wenn sie bei einem infizierten Hund Blut gesaugt hat, dauert es allerdings mindestens fünf bis acht Tage, bevor sie einen anderen Hund anstecken kann, weil der Parasit so lange braucht, um bestimmte Entwicklungsstadien zu durchlaufen und wieder die infektiöse Form für den Hund bzw. auch für den Menschen anzunehmen. Es ist aber im Ausnahmefall auch möglich, dass ein Leishmaniose-positiver Hund die Erreger auf gesunde, also nicht-infizierte Artgenossen überträgt, z.B. im Rahmen einer Beißerei. Daneben gibt es noch andere Übertragungswege, z. B. durch den Deckakt über das Sperma oder vom Muttertier per gemeinsamem Blutkreislauf auf die ungeborenen Welpen. Wird eine Leishmaniose-positive Hündin trächtig, werden bis zu 75% ihrer Welpen schon im Mutterleib angesteckt. Und hat ein Hund bereits Symptome, kann auch eine Übertragung über Speichel, Bindehaut-Sekret oder Urin erfolgen.

  • Wie viele infizierte Hunde gibt es in Deutschland?

Man schätzt, dass mittlerweile rund 100.000 Leishmaniose-positive Hunde in Deutschland leben.

  • Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland von einer Sandmücke gestochen zu werden?

Noch ist die Wärme liebende Sandmücke in Deutschland nicht sehr verbreitet. Es gibt aber regional begrenzte Vorkommen – beispielsweise in Baden-Württemberg entlang des Rheingrabens sowie in Rheinland-Pfalz im Raum Kaiserslautern und Saarbrücken. Die Sandmücken sind hier nicht eingeschleppt, sondern es handelt sich um natürliche Populationen. In der genannten Region in Rheinland-Pfalz wurden auch schon einige Fälle von Leishmaniose bei Hunden festgestellt, die nicht aus dem Ausland kamen und auch niemals dorthin verreist waren. Auch sonst gab es keinen anderen möglichen Infektionsweg als den Stich der Sandmücke. Im Zuge der Klimaerwärmung werden sich die Sandmücken voraussichtlich immer weiter in Richtung Norden ausbreiten. Da ein gewisser Prozentsatz der Sandmücken Träger bzw. Überträger der Leishmanien ist, wird dadurch die Anzahl der Leishmaniose-Fälle auch hierzulande zunehmen.

  • Welche Symptome sind typisch für eine Leishmaniose?

Die Leishmanien können Haut, Schleimhaut oder Organe schädigen. Hunde haben meist Mischformen, d. h., es sind sowohl die inneren Organe als auch die Haut betroffen. Fast nie treten alle Symptome gemeinsam auf, so dass es oft nicht einfach ist, Leishmaniose zu erkennen. Dies umso mehr, als die Zeit zwischen dem verhängnisvollen Insektenstich und den ersten Symptomen (Inkubationszeit) einige Monate bis zu sieben Jahre betragen kann. Lymphknotenschwellungen, Durchfall, allgemeine Trägheit, Gewichtsverlust, Zahnfleisch- und Nasenbluten, Haarausfall, blutige oder schuppende Ekzeme vor allem an den Ohren, im Gesicht, an Gelenken und über Knochenvorsprüngen, sind Hinweise. Aber auch auffallend starkes Krallenwachstum oder Veränderungen an den Ballen können ein Zeichen für Leishmaniose sein. Hinweisende Symptome sind z. B. Haarverlust um die Augen herum und Veränderungen der Ohrränder sowie offene Wunden, ohne dass es zu Verletzungen gekommen wäre.

  • Unter welchen Umständen besteht eine Ansteckungsgefahr für den Menschen?

Wenn der Leishmaniose-positive Hund offene Wunden oder Geschwüre hat und mit einem Menschen in Kontakt kommt, der ebenfalls eine offene Hautstelle beispielsweise durch eine Verletzung hat, ist theoretisch eine Übertragung möglich. Die geschieht aber ausschließlich durch den direkten Kontakt der wunden Stellen von Hund und Mensch.

  • Sollte ein Leishmaniose-positiver Hund nicht grundsätzlich eingeschläfert werden?

Ein Leishmaniose-positiver Hund kann bei frühzeitiger und adäquater Behandlung ein weitestgehend symptomfreies Leben führen und ein hohes Lebensalter erreichen. Daher ist eine Euthanasie keinesfalls zu rechtfertigen. Allerdings will es gut überlegt sein, ob man einen solchen Hund aufnehmen möchte, insbesondere, wenn sein neues Zuhause ein Mehrhunde-Haushalt ist und sich darunter vielleicht ein älterer, chronisch kranker Hund befindet, dessen Immunsystem nicht mehr richtig arbeitet. Dasselbe gilt natürlich, wenn Menschen mit unzureichender Immunkompetenz im Haushalt leben wie sehr kleine Kinder oder Betagte, die gebrechlich und krank sind. Vorsicht ist in diesen Fällen eindeutig geboten. Infizierte Tiere bedürfen definitiv einer Behandlung, da es sich bei der Leishmaniose um eine chronische Erkrankung handelt, die schwere Formen annehmen kann und nach heutigem Kenntnisstand nicht heilbar ist. Unbehandelt führt die Erkrankung oft binnen sechs bis zwölf Monaten zum Tod.

  • Was ist mit Hunden, die zwar laut Blutuntersuchung „positiv“ sind, aber nie Symptome bekommen?

Bei diesen Hunden arbeitet das Immunsystem so gut, dass es den Erreger so weit in Schach halten kann, dass die Erkrankung niemals ausbricht. Diese Hunde haben meist einen sehr niedrigen Antikörpertiter, der mit der Zeit auch verschwinden kann. Aber das heißt nicht, dass der Hund komplett frei bzw. geheilt ist. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Erreger im Körper bleiben. Leishmanien verstecken sich in bestimmten Zellen, beispielsweise des Knochenmarks. Das Ansteckungsrisiko ist in diesen Fällen allerdings sehr gering.

  • Die meisten „positiven“ Hunde werden mit dem Wirkstoff Allopurinol behandelt. Wie teuer sind diese Medikamente?

Allopurinol, das übrigens keine nennenswerten Nebenwirkungen hat, wird in Tablettenform zweimal täglich verabreicht, meist für längere Zeit. Es ist ein sehr preisgünstiges Medikament. Für einen 20-Kilo-Hund zum Beispiel entstehen Kosten in Höhe von wenigen Euro pro Monat. Braucht der Hund außer Allopurinol noch etwas anderes, weil deutlichere Symptome auftreten oder der Antikörpertiter sehr hoch ist, setzt der Tierarzt entweder Milteforan oder Glucantime ein. Mit Glucantime belaufen sich die Kosten für einen 20-Kilo-Hund bei vierwöchiger Behandlung auf etwa 110 Euro. Wenn man Milteforan verwendet, kommt man auf ca. 200 Euro. Allerdings entscheidet über den Preis auch die Einkaufsquelle. Da die Medikamente in Deutschland nicht zugelassen sind, müssen sie über eine internationale Apotheke bestellt werden. Milteforan oder Glucantime werden aber nur über vier Wochen gegeben und anschließend der Therapieerfolg beurteilt. Über längere Zeit wird nur das Allopurinol eingesetzt.

  • Was bewirkt Allopurinol im Körper?

Allopurinol tötet die Leishmanien nicht ab, sondern sorgt dafür, dass sie sich nicht weiterentwickeln bzw. vermehren können. Milteforan und Glucantime wirken leishmanizid, sprich: sie töten die Erreger ab. Was aber eben leider keine den Erreger komplett eliminierende Wirkung hat. Man kann so aber die Erregerlast deutlich senken.

  • Kann das Allopurinol irgendwann abgesetzt werden?

Es gibt Hunde, die keine Symptome und einen niedrigen Antikörper-Titer haben. Das bedeutet in Abhängigkeit von dem verwendeten Testsystem in Zahlen z. B. einen Titer von 1:50 bis 1:100 im sogenannten IFAT-Test oder 7-15 im ELISA-Test. Hohe Titer sind Werte über 1:800 bzw. über 45. Bei Hunden mit einem niedrigen Titer kann man in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt bzw. der Tierärztin nach einer gewissen Zeit oft zu einer Intervallbehandlung übergehen. Dies bedeutet, dass der Hund nur in den ersten sieben Tagen des Monats Allopurinol bekommt. Es ist ratsam, Allopurinol nicht länger als zwei bis drei Jahre ununterbrochen zu geben. Es ist zwar durchaus gut verträglich, kann aber eine Harnsteinbildung fördern. Die meisten Hunde vertragen das Medikament sehr gut, insbesondere wenn man bei der Ernährung darauf achtet, dass sie purinarm und insgesamt etwas proteinreduziert zusammengesetzt ist. Dies vermindert das Risiko der Kristallbildung in den ableitenden Harnwegen.

  • Wie oft sollte der Hund tierärztlich untersucht werden und was wird dabei untersucht?

Empfehlenswert sind anfänglich vierteljährliche, später halbjährliche Kontrollen. Dabei sollte nicht nur der Antikörper-Titer bestimmt werden, sondern immer auch ein großes Blutbild mit einer Elektrophorese angefertigt werden, damit man sieht, wie es um die Antikörper und einzelne Eiweißkörper bestellt ist. Die Elektrophorese ist sehr häufig bei Entzündungen verändert, aber auch zum Beispiel bei Nierenproblemen, die noch im Verborgenen ablaufen. Das funktionsfähige Gewebe der Niere kann bis auf ein Drittel zusammenschrumpfen, bevor man dem Hund etwas anmerkt. Darüber hinaus ist eine Harnuntersuchung ratsam. Beispielsweise zeigt der Protein/Kreatinin-Quotient, UPC abgekürzt, an, ob die Nierenfunktion normal ist.

  • Reicht die Bestimmung des Antikörper-Titers?

Je nach Immunitätslage des Körpers werden noch keine Antikörper gebildet, es kann sich aber schon etwas im Körper abspielen. Der Hund kann infiziert sein, man merkt es aber nicht, weil keine Antikörper nachweisbar sind. Deshalb wird oft der direkte Erregernachweis aus Proben von Lymphknoten, Milz, Knochenmark, Bindehautabstrich, Urin oder Maulhöhle empfohlen.

  • Wie zuverlässig ist der so genannte Mittelmeertest?

Wichtig zu wissen ist, dass die Leishmaniose häufig in Kombination mit anderen Infektionen auftritt, in der Regel mit Ehrlichiose, aber auch mit Babesiose und weiteren Infektionen. Deshalb sollte auch auf die Erreger dieser Erkrankungen untersucht werden. Oftmals besteht zuerst die Ehrlichiose, die wiederum die Infektion mit anderen Erregern begünstigt.  

  • Sollte jeder Hund, der aus dem Mittelmeerraum kommt, untersucht werden?

Dies ist absolut anzuraten. Nach einigen Monaten sollte der Test auf Mittelmeerkrankheiten noch einmal wiederholt werden. Empfohlen von der ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) sind Tests auf Leishmaniose, Dirofilariose (Herzwurm), Babesiose und Ehrlichiose. Zusätzlich kann noch die Untersuchung auf Anaplasmose und Hepatozoonose ratsam sein.

  • Kann ein ruhiges, strukturiertes Zuhause einem Leishmaniose-positiven Hund helfen, mit der Infektion gut klarzukommen?

Die Psyche des Hundes entscheidet stark mit, wie das Immunsystem aufgestellt ist. Alles, was Stress verursacht, behindert Heilung. Auch Unterernährung, Kälte und Monotonie, wie sie oft in Auffangstationen und Caniles herrschen, dämpfen das Immunsystem. Daher ist neben der medikamentösen Therapie das Umfeld entscheidend für den Behandlungserfolg.

  • Was sollte man zur Prophylaxe tun, wenn man in die Mittelmeerregionen reist – ob nun mit oder ohne seinen Hund?

Das sind ganz einfache Maßnahmen: In der Dämmerung nicht ohne Mückenschutz unterwegs sein und nicht auf normale Moskitonetze vertrauen, denn die Sandmücke ist so winzig, dass sie durch die Maschen passt. Wenn der Hund mitreist, sollte er ein Insektenschutz-Halsband tragen oder regelmäßig alle 14 Tage ein Spot-on bekommen. Und natürlich nachts nicht draußen schlafen müssen …

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen den persönlichen fachlichen Rat nicht ersetzen können!

Weitere Informationen finden Sie hier

https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/L/Leishmaniose/Leishmaniose.html