Roky’s Report

Wie lange bin ich hier?

Seit ich denken kann. Es ist schwer die Orientierung zu behalten. Meine Zelle ist 8 Schritte lang und 4 Schritte breit. Der Betonboden ist kalt und feucht. In einer Ecke steht ein Blecheimer mit etwas Wasser. Das Wasser ist abgestanden und faulig, aber immerhin vorhanden. Meine Notdurft verrichte ich ganz am Rand, versuche möglichst wenig in meinem Gefängnis zu hinterlassen.
Es ist dunkel. Stockfinster. Ich kann trotz meiner guten Augen nichts erkennen. Aber ich höre sie. Die anderen. Ihr Atmen, ihr Wimmern. Und ich rieche sie. Ihre Angst. Wir alle haben entsetzliche Angst. Angst, dass das Licht angeht. Angst, weil ER dann kommt…

Wenn wir hören, dass ein Auto vorfährt, ist es sekundenlang absolut still. Totenstill. Vor Schreck halten wir alle gleichzeitig die Luft an und horchen. Synchron, so als hätten wir es einstudiert.

Dann können wir die aufsteigende Panik nicht mehr kontrollieren. „Du musst dich verstecken!“, schreit es in mir.“ Los doch! Weg! Du musst weg!…“ Ich bin gelähmt. Wo soll ich hin? Wo??? Da ist doch nichts…

Ich rolle mich so klein es geht in die hinterste Ecke, meine Schnauze so tief es geht in meine Pfoten begraben. Ich wünsche mich weg. Dass ich unsichtbar wäre. Mit geschlossenen Augen und voller Konzentration muss es doch irgendwann klappen. Doch meine Muskeln zittern so sehr, dass ER selbst unsichtbar mein Schlottern hören und mich finden würde.

SEINE laute, harte, böse Stimme versetzt uns alle in Panik. Zu wem wird ER gehen? Und warum? Wird ER mich nur schlagen, anschreien, auslachen wegen meiner Angst oder wird ER mich an den Strick legen und nach draußen zerren? Mit den anderen Männern mich verhöhnen, nach mir treten, mich am Strick hochziehen und strangulieren? Sich amüsieren, wie ich strample, um wieder Boden unter meine Pfoten zu bekommen, damit ich nicht ersticke? Wird ER mich wieder in das Auto stecken mit den anderen? In den dampfenden, sonnenheißen Laderaum? Viel zu eng für uns alle. Dann können wir nur hoffen die stundenlange Warterei in dem luftdichten Transporter zu überleben.

Wenn wir aussteigen beginnt eine Tortur. Wir müssen Jagen. Manchmal Wildschweine, manchmal Hasen. Einmal habe ich das Kaninchen nicht erwischt. Ich bin gerannt wie verrückt, aber es war einfach zu flink und schließlich verschwunden.

Nie werde ich vergessen, wie mich DER MANN zusammenschrie. Mich schlug und trat und zur Strafe an meiner empfindlichen Rute hochhob und mit dem Kopf nach unten über den See hielt.  Vor Schmerz zersprang mir beinah der Kopf! So etwas Schlimmes hatte ich noch nie gefühlt. Jede Faser meines Körpers schrie in mir ohrenbetäubend. Ich selbst war stumm vor Schmerz. Starr und wie tot. ER tauchte mich immer wieder unter Wasser und zog mich heraus. Als ich schon nichts mehr spürte und langsam alles losließ, hörte ER auf .

Ich landete wieder hier. In meinem dunklen Kerker. Das ist mein Leben. Mein Name ist Roky. Ich bin 8 Jahre alt.